Das Ende der NVA 1990
Einen Krieg hat sie nie geführt. Dennoch ist ihr Andenken durch Schießbefehl, Mauertote und rigorosen Umgang mit Andersdenkenden belastet:
Die Nationale Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik ging genauso ab, wie das Staatsgebilde und die verkrustete Führungskaste, denen sie diente: Unspektakulär verschwand sie und wurde am 3. Oktober 1990 in die Bundeswehr integriert.
Eine Reminiszenz
Auf der Basis der kasernierten Volkspolizei war die NVA 1956 gegründet worden. Sechs Jahre lang war sie Freiwilligenarmee. 1962 führte die DDR dann die Wehrpflicht ein. Im Laufe der Zeit hatten mehr als 3 Millionen junge Männer den NVA-Fahneneid geschworen, dem Land “allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen”.
Die westlichen Siegermächte taten sich mit der Frage nach der Bündniszugehörigkeit des wiedervereinigten Deutschlands schwer. Gemeinsam mit der westdeutschen Bundesregierung bestanden sie auf der Nato-Integration. Gorbatschow hatte dies lange Zeit rigoros abgelehnt, bis Kanzler Kohl im Kaukasus den wieder einmal plötzlichen Durchbruch schaffte.
Keine acht Wochen später konnten alle Siegermächte und die beiden deutschen Regierungen den “Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland” unterschreiben.
Im Frühherbst 1990 trat die NVA aus dem Warschauer Pakt aus, nicht ohne im Vorfeld Raketenabwehrsysteme, Geheimcodes, Radargeräte und andere sensible Waffengeräte an die Sowjetunion übergeben sowie vertrauliche Dokumente vernichtet zu haben.
Folglich konnte ein Prüfungsteam der Bundeswehr im Verteidigungsministerium der noch existierenden DDR seine Arbeit aufnehmen. Der Prüfauftrag sollte die Frage beantworten:
Wie schnell und wie umfänglich ist eine vollständige Auflösung der NVA möglich und können das Personal sowie die vorhandene Ausrüstung übernommen werden?
Nebenher hatte es von Rainer Eppelmann, dem damaligen DDR-Verteidigungsminister, einen Vorschlag unter dem Motto „Ein Land, zwei Armeen“ gegeben. Als der sich erledigt hatte, wird Herr Eppelmann 103 000 Soldaten an den damaligen Bundesverteidigungsminister übergeben.
Die Abwicklung
Dabei wurden zunächst 51 000 Zeit- und Berufssoldaten, 1 200 000 Handfeuerwaffen, 2 000 Kampfpanzer, 400 Kampfflugzeuge, 57 Kampfschiffe und 300 000 Tonnen Munition übernommen.
Viele Liegenschaften, beispielsweise Kasernen nebst Mobiliar und Manövergelände, wurden peu à peu abgewickelt. Die Ausrüstung wurde entweder verschrottet oder von der Bundeswehr übernommen. Ein Teil wurde in das Ausland weiterverschenkt. So erhielten Griechenland Luftabwehrsysteme, die Türkei Schützenpanzer und Indonesien Marinekriegsschiffe. In die USA gingen als historische Exponate jeweils ein Exemplar aller NVA-Waffen und Fahrzeuge.
Den NVA-Rudimenten demokratische Strukturen beizubringen, schien damals Vielen ein unmögliches Unterfangen. Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm erhält dennoch den Auftrag, Teile zu integrieren und Reste abzuwickeln.
Nicht nur alle NVA-Generale wurden entlassen, auch letztlich nur 2 500 von 17 000 ehemaligen NVA-Offizieren wurden nach zweijähriger Probezeit in die Bundeswehr übernommen. Von den 32 000 Unteroffizieren bekamen 7 600 ein neues dauerhaftes Dienstverhältnis.
Die Abwicklung der NVA wirkte auch auf die nun notwendige Rückverlegung der sowjetischen Militärangehörigen.
380 000 Angehörige der Roten Armee nebst Zivilangestellten und Angehörigen verließen Deutschland bis zum Jahr 1994.
Ein Fazit
Dieses Fazit kann dem kurzzeitigen Bundespräsidenten Christian Wulff überlassen werden. Er sprach der „Armee der Einheit“ eine beispielgebende Vorreiterrolle im Integrationsprozess der DDR in die BRD zu.
So romantisch, wie beschrieben, habe ich die Auflösung und Abwicklung der NVA nicht erlebt! Bis zum 02.Oktober 1990 war ich Major d.R. der NVA. Schon einen Tag später durfte ich diese Bezeichnung nicht mehr führen, da ich nunmehr “in fremden Streitkräften gedient” hatte. Damit fiel ich “als Ausländer” auch aus der Versorgungsordnung für Zeit- und Berufssoldaten in Deutschland.
Bei einem Major der Großdeutschen Wehrmacht wurde 1945 solche ” nationale Zugehörigkeit” nie in Frage gestellt und damit auch kein Versorgungsanspruch gestrichen.
Ein zumindestens “eigenartig deutscher” Hinweis auf die Realität von einer angeblich vorhandenen “Armee der Einheit.”
Die NVA der DDR wurde vor allem geopfert, um die vertraglich vereinbarte Obergrenze von 370.000 deutschen Soldaten (Friedensumfang) nicht zu Lasten der Bundeswehr gehen zu lassen. Ein ähnlicher “Vorgang”, wie zur Erlangung der Obergrenze bei Luftschadstoffen in den 1990er Jahren. Dafür wurde (auch) die Schwerindustrie der DDR stillgelegt und nicht erneuert.
Im Weißbuch 1994 des Bundesministeriums der Verteidung steht unter Ziffer 115. einleitend:”Die Nationale Volksarmee (NVA) war als “Armee sozialistischen Typs” ein Instrument des kommunistischen Staates und eine priviligierte Organisation der SED.”
Ein Todesurteil könnte auch nicht “charmanter” formuliert werden!
Von den etwa 50.000 Zeit- und Berufssoldaten der NVA (Stand vom 02.Oktober 1990) wurden für ein weiterführendes Dienstverhältnis in der Bundeswehr 7.639 Unteroffiziere und 3.027 Offiziere von einem “Ausschuß Eignungsprüfung” ausgewählt. Dienstjahre in der NVA wurden nicht angerechnet, der Dienstgrad (in der Regel) herabgesetzt. Generale, Militärmediziner und Politoffiziere waren generell von einer “Übernahme” ausgeschlossen worden.
Ein großer Teil des umfangreichen NVA-Arsenals an stationärer und mobiler Ausrüstung, an Waffen und Munition – angeschafft aus Steuergeldern der DDR-Bürger – wurde “zeitnah abgewickelt” und weit unter Zeitwert im In- und Ausland verkauft oder verschenkt.
Das alles hat mit einer “Integration” wenig zu tun. Es war eine feindliche Übernahme!
Hätten wir euch einfach alle unter unserer Fahne weiter marschierenlassen sollen?
Ihr ( Generäle und Offiziere) habt das System, die Regierung und das Unmenschliche
unterstützt und möglich gemacht. Es hat euch niemand befohlen die einfachen Soldaten zu schickanieren ,dumme Befehle zu erteilen ,die Kameraden auf Rot zu trimmen, das eigene Volk zu unterdrücken und alles dann schönreden. Ganz zu schweigen von den Schüssen an der Mauer.!!! Es war der richtige Weg so vorzugehen mit euch. Seid froh das es kein Gericht für euch gab und eure Untaten so ungestraft blieben!!!
Herr Kollege Major,
Ich bin mit Ihnen völlig einverstanden und bin als (noch aktiver) Major der Niederländische Streitkräfte ein bekennender Botschafter wenn es um die Geschichte der DDR und NVA geht. Die DDR ist sogar zweimal ‘leergefressen’, das erste mal durch die Sowjets nach 1945 (Wiedergutmachungszahlungen) und das zweite Mal nach den Ausverkauf der Treuhand in 1990. Da haben sich die Westdeutsche Großfirmen unverschämt erreicht an alles was noch Wert hatte sowie das Eigentum des Volkes für einige DM unter den Nägel gerissen. Danach wurde dann dicht gemacht und die 10.000′n Mitarbeiter auf die Straße geschmissen. Ätzend!! Das schlimmste an diese ganze Geschichte ist das kaum ein Westdeutscher dieses Vorgehen kennt oder gar schlimmer noch es sie überhaupt interessiert. Das Einzige was ich immer höre ist ‘die Soli muß weg…’ Ich kann leider nichts mehr tun als die Geschichte von die Vergewaltigung der DDR, die NVA und seine Bürger erzählen, damit wir es nicht vergessen.
Ben Jordaan
P.s. Die ganze Stasi Anwälte (und Politiker) waren nicht betroffen von der Reinigung und leben heute in dicke Kanzleien und Ämter im Westen, wo sie immer wieder auf ehemalige ‘Opfern’ treffen. Ich könnte brechen (Z.b. Angela Merkel….)